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Volkstheater Rostock 2018 – Der Blick von außerhalb der Bürgerschaft

Stellen Sie sich vor, es ist Herbst 2018 und in der Zeitung wird der Sinn eines Neubaus des Theatergebäudes für das Volkstheater Rostock debattiert. Wer da nicht zweifelnd mit dem Kopf schüttelt, leidet unter partieller politischer Demenz. Man muss das jetzt einmal rekapitulieren, um aus all den gemachten Fehlern, wenigstens die richtigen Lehren zu ziehen. Noch im Mai 2011 (sic!) hieß es in der Vorlage der Verwaltung an die Bürgerschaft, „der Spielbetrieb des Großen Hauses soll bis zur Fertigstellung und Inbetriebnahme eines evt. Neubaus (bis längstens 31.12.2018)“ sichergestellt werden. Das waren die selbstgesetzten Ziele. Damit war nicht gemeint, dass sich die Debatte bis längstens Ende 2018 hinziehen soll. Nun, es kam anders.

Fehler wurden zuhauf gemacht. Die Politik in Rostock und in M-V hat auf ganzer Linie versagt. Ich will hier nur die beiden Kardinalfehler erläutern.

Die Hauptakteure wurden außen vor gelassen – Bürger und Theater. Weder den einen noch den anderen traute man offensichtlich qualifizierte Entscheidungen zu. Wer aber, wenn nicht das Theater selbst, kann verbindlich bestimmen, zu welchen Leistungen es unter welchen Bedingungen in der Lage ist? Wer, wenn nicht die Bürger Rostocks sollten über die Verwendung von Steuern bestimmen? Stattdessen wurden Unsummen an Geld in Gutachten und Gegengutachten gesteckt. Jahre gingen verloren für Diskussionen über die Leistungsfähigkeit des hiesigen Theaters. Man lieferte man sich ein unwürdiges Schauspiel um die Entlassung des nun ehemaligen Intendanten. Und dabei geriet immer mehr der zentrale Punkt aus dem Blickfeld. Kultur ist ein wesentlicher Baustein einer positiven Stadtentwicklung. Und Kultur ist mehr als nur Theater. Ein Theater soll eben nicht nur ein Baukörper sein, sondern ein Ort an dem der Kultur unserer Stadt Leben eingehaucht wird.

Ein konzeptloses Volkstheater ohne klare Ausrichtung wurde und wird immer wieder über den Streit um seinen Baukörper und dessen Standort definiert und so letztlich minimiert. Stets wird der letzte Schritt, der Baukörper diskutiert, ohne zuvor den ersten auch nur zu Ende gedacht zu haben. Und darüber gehen dann zudem Möglichkeiten kultureller Vielfalt durch freie Träger verloren. Denn ohne Plan für das eigene kulturelle Schaffen bleibt nur wenig Raum für diese so wichtige weitere Säule der kulturellen Entwicklung. Kultur aber entsteht nicht nur im Theatergebäude. Der zwanghafte Fokus auf das Gebäude lässt seinen Inhalt zerbröseln. Es gab durchaus vereinzelt Impulse. Aber ach weh, auch hier meist vom Ende her gedacht: Ausgehend von der Größe und den Kosten des Gebäudes sollte sich der Inhalt des Gebäudes gleich mit dem gesamten Ostseeraum messen. Um es deutlich zu sagen: Wer einmal die Theater und Opernhäuser des Ostseeraums besucht hat, weiß, dass diese nicht nur finanziell sondern auch konzeptionell uneinholbar vorn liegen. Zumindest, wenn man es bei der mickrigen Kulturförderung und der inhaltlichen Konzeptionsarmut belässt. Im Theater selbst hat man das auch längst verstanden.

So absurd es klingt, die Debatte um das Volkstheater muss geführt werden. Sie hat eigentlich noch gar nicht begonnen. Denn diese Debatte muss eine um Kultur als Säule der positiven Entwicklung Rostocks sein. Architektur ist dabei nur eine von vielen Säulen.  Lassen wir uns von Schauspielern, Sängern, Musikern, Tänzern und allen anderen aufzeigen, zu welchen Leistungen unter welchen auch zeitlichen Bedingungen sie fähig und bereit sind. Erst dann kann man sich folgende Fragen stellen und beantworten: Welche Bedingungen sind an ein zukünftiges Ensemble zu stellen? Welche Bedingungen sind an ein zukünftiges Gebäude zu stellen? Wer kann und sollte in einem solchen Gebäude mit dem Ensemble des Volkstheaters kooperieren? Muss ein Gebäude für das Theater nur ein Theatergebäude sein?  Welche Folgekosten entstehen für Rostock unter welchen Bedingungen? Welcher Nutzen entsteht?

Die Debatte um das Theater hat zu früh begonnen und ist auch deshalb heute noch nicht fertig. Sowohl die Debatte als auch das Volkstheater wurden zerrieben unter der falschen Prämisse Architektur. Eine Bürgerbeteiligung, wie sie aktuell bei der Überarbeitung des Flächennutzungsplanes zu erkennen ist, würde gut tun. Es ist spät, aber hoffentlich noch nicht zu spät, die Fehler zu korrigieren. Beginnen wir echte Bürgerbeteiligung. Denn die Bürger sind nicht nur Steuerzahler, sie waren, sind oder werden auch Theaterbesucher.

Christoph Eisfeld

Kreisvorsitzender FDP Rostock

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